Wien, 24.11.2020. Heute Vormittag präsentierte der Fundraising Verband Austria – Dachverband der Spendenorganisationen – den Spendenbericht 2020 mit einer Prognose für das diesjährige Spendenaufkommen. Viele NPOs sind durch die Ausfälle der Charity Events und Spendensammlungen von Rückgängen betroffen. Dennoch wird das Aufkommen insgesamt erstmals die Marke von 750 Mio. Euro erreichen. 6,5 Mio. Menschen oder 73% der Bevölkerung beteiligen sich aktiv am Spenden. Erstmals geben Frauen mehr als Männer. Im Bundeslandvergleich sind die Westösterreicher führend bei der Spendenhöhe, Niederösterreich und das Burgenland haben den höchsten Anteil an Spendern. Vier von fünf gespendeten Euros werden durch das Österreichische Spendengütesiegel geprüft – damit ist Österreich eines der sichersten Spendenländer.
Mit einem Spendenplus von 40 Mio. Euro im Vorjahr wurden die Erwartungen deutlich übertroffen. 725 Mio. Euro gaben die Österreicher 2019 für den guten Zweck – so viel wie noch nie. Trotz Corona-Pandemie und massiver Einschränkungen des öffentlichen Lebens wächst die Großzügigkeit der Menschen weiter. 2020 wird sich mit voraussichtlich 750 Mio. Euro ein neuer Spendenrekord einstellen.
„In der Krise hat die österreichische Bevölkerung nicht nur große Disziplin bewiesen, sondern auch neue Maßstäbe der Solidarität gesetzt. Ein stark gestiegenes Freiwilligenengagement, wie zum Beispiel in der Nachbarschaftshilfe, ist die eine Seite dieser Entwicklung, eine wachsende Spendenbeteiligung ist die andere. Österreichs Spendenorganisationen sagen dafür von ganzem Herzen Danke!“, zeigt sich Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria, beeindruckt.
Der Lockdown im Frühjahr hat das Österreichische Spendenwesen kurzzeitig gänzlich zum Erliegen gebracht. Doch die Österreicher haben mit großer Flexibilität reagiert und verstärkt über Online-Kanäle gespendet. Von März bis September zeigte sich ein Zuwachs an Online-Spenden um 59%. „Wehrmutstropfen bleibt, dass viele Organisationen, deren Fokus auf Charity Events und Bargeldsammlungen liegt, heuer starke Einbußen verkraften müssen.“, so Lutschinger. Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Spendenaufrufe rund um die Weihnachtszeit auswirken werden. Diese machen in der Regel 25 bis 30% des gesamten Aufkommens aus.
Meiste Spender in Niederösterreich und Burgenland
Spitzenreiter unter den Bundesländern bei der Beteiligung am Spenden sind dieses Jahr Niederösterreich und das Burgenland mit 79%. Am großzügigsten sind aber neuerlich die Salzburger, Tiroler und Vorarlberger. Mit 146 Euro ist die durchschnittliche Spende hier besonders hoch und liegt klar über dem bundesweiten Schnitt von 124 Euro. Das Burgenland und Niederösterreich liegen mit 144 Euro ebenso deutlich über dem Durchschnitt, während Oberösterreich mit 119 Euro und Wien mit 110 Euro pro Spender darunter liegen. Den bundesweit letzten Platz nehmen die Steiermark und Kärnten ein – sowohl bei der Spendenhöhe (95 Euro) als auch bei der Beteiligung (65%).
„Bei den Spendenzielen, die den Österreicherinnen und Österreichern am meisten am Herzen liegen, nehmen heuer erstmals Tiere mit 33% Zustimmung den ersten Platz ein, gefolgt vom langjährigen Spitzenreiter Kinder und der Katastrophenhilfe im Inland.“, erklärt Bernhard Hofer, Geschäftsführer des Sozialforschungsinstituts Public Opinion. Auch beim Geschlechterverhältnis gibt es eine Veränderung: Frauen weisen erstmals eine höhere Durchschnittsspende als Männer auf. Unverändert bleibt hingegen der Erlagschein das beliebteste Mittel für die Geldspenden der Österreicher.
Jährlich 70 Millionen Euro von gemeinnützigen Stiftungen
Österreich zählt derzeit 745 gemeinnützige Stiftungen. Die meisten davon fördern die Arbeit gemeinnütziger Vereine. Einige führen aber auch eigene Projekte oder Programme durch und betreiben selbst soziale Einrichtungen, wie Krankenhäuser, oder wissenschaftliche Forschung. Pro Jahr unterstützen sie das Gemeinwohl mit 70 Mio. Euro, unter anderem für die Bekämpfung von COVID-19. Der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) fördert 24 Projekte der Wiener Universitäten und Forschungseinrichtungen mit je bis zu 50.000 Euro, um lebensrettende Forschung zu betreiben. Die Gemeinnützige Privatstiftung Philanthropie Österreich war federführend bei der in Kooperation mit der Kärntner Kulturstiftung und der Leopold Museum Privatstiftung gegründeten Initiative „Stiftungen helfen Künstler*innen“, die Kulturschaffenden in der Krise hilft.
Das im Stiftungssektor schlummernde Potential ist mit Blick auf Deutschland und die Schweiz dennoch groß, betont Ruth Williams, Generalsekretärin Verband für gemeinnütziges Stiften: „Seit der Gesetzesnovelle 2015 wurden rund 120 neue gemeinnützige Stiftungen und Fonds gegründet. Jetzt ist der Gesetzgeber gefordert, diesen positiven Trend fortzusetzen. Dringend notwendig sind die unbegrenzte Fortführung der Spendenabsetzbarkeit für gemeinnützige Stiftungen und die Abschaffung offensichtlicher Ungleichheiten: Bis heute sind etwa Ausschüttungen von Stiftungen für Bildungsprojekte im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit steuerbefreit, nicht jedoch Zuwendungen an österreichische Schulen.“
Forderung an Bundesregierung: Lücken bei der Absetzbarkeit schließen
225 Mio. Euro an Spenden wurden zuletzt steuerlich geltend gemacht. Damit wird jeder dritte Spendeneuro abgesetzt. Weiterhin nutzen rund 1 Mio. Österreicher die Absetzbarkeit. Nach wie vor gilt diese aber nur für bestimmte Bereiche. Neben Bildung ist auch ausgerechnet der Tierschutz, der beliebteste Spendenzweck der Österreicher, per Gesetz ausgeschlossen. „Seitens der Spendenorganisationen fordern wir die Bundesregierung auf, diese Lücke endlich zu schließen, damit der gemeinnützige Sektor hierzulande weiter seine Aufgaben erfüllen kann.“, so Günther Lutschinger. Von 750 Mio. Euro Gesamtspenden sind rund 94% oder 705 Mio. spendenbegünstigt. Rund 45 Mio. oder 6% verteilen sich auf nicht begünstigte Zwecke wie Tierschutz, Bildung oder Sport, deren Wachstum deutlich hinter den spendenbegünstigten Vereinen zurückbleibt. Rund 85 % aller abgesetzten Spenden liegen unter 200 Euro, nur 2% über 1.000 Euro. Damit ist Österreich kein Land der Großspender. Zwei Drittel aller Spenden werden bereits durch das Österreichische Spendengütesiegel streng geprüft. Das entspricht einem Spendenvolumen von über 450 Mio. Euro.
1. Dezember ist#GivingTuesday
Millionen Menschen auf der ganzen Welt feiern am 1. Dezember gemeinsam das Geben – seit dem Vorjahr auch in Österreich. Unternehmen, Spendenorganisationen und Privatpersonen engagieren sich an diesem Tag mit kreativen Spendenaktionen, ehrenamtlichen Mitarbeiteraktivitäten sowie Geld- und Sachspenden. Jeder kann sich beteiligen und etwas Gutes tun. Bereits 2019 haben hierzulande über 150 NPOs und Unternehmen sowie zahllose Privatpersonen mitgemacht. Der Tag des Gebens steht unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen. www.givingtuesday.at
Rückfragehinweis:
Der Spendenbericht steht auf www.fundraising.at/services zum Download zur Verfügung.
Dr. Andreas Anker, Presse Fundraising Verband Austria
M: 0676 421 47 06, E: presse@fundraising.at