Wien, 15.4.2022. Mit zahlreichen Benefizkonzerten, Solidaritätsaktionen und Spendenaufrufen zeigt das heimische Kulturwesen großes Engagement für die Ukraine-Hilfe. Lebenswichtige Spendengelder konnten so für die Notleidenden des Krieges gesammelt werden. Die Tatsache, dass der Kultursektor zu den von der Pandemie am stärksten betroffenen Branchen gehört, ist zuletzt in Vergessenheit geraten. Bei der groß angelegten Fachtagung für Kulturfundraising am 28.4. in Wien werden daher neue Wege und Strategien der privaten Kulturförderung gemeinsam mit Kulturanbietern und internationalen Experten vermittelt.
Bei den Aufrufen zu Spendengeldern für die Ukraine-Hilfe zählen Kulturschaffende zu den wichtigsten Multiplikatoren. Seit Beginn des Krieges sind vom Wiener Burgtheater bis hin zum Circus Louis Knie bereits zahlreiche Benefizabende realisiert und damit lebensrettende Spenden lukriert worden. Daneben haben 70 Theaterhäuser aus dem gesamten DACH-Raum geflüchtete ukrainische Künstlerinnen und Künstler in einer gemeinsamen Erklärung zur Zusammenarbeit eingeladen. Auch die bildende Kunst steht dem um nichts nach: Aus der Privatsammlung Essl wurden kürzlich 100 Kunstwerke in einer großzügigen Benefizauktion zugunsten der Ukraine-Nothilfe der Diakonie online versteigert – darunter Werke von Oskar Kokoschka und Salvador Dalí.
Förderbedarf in Kultur selbst groß
„Das große Engagement insbesondere aus dem Kultursektor ist umso erstaunlicher, als dass in dem durch die Pandemie schwer angeschlagenen Kunst- und Kulturbereich selbst der Unterstützungsbedarf nach wie vor groß ist.“, betont Günther Lutschinger, Geschäftsführer Fundraising Verband Austria – Dachverband der Spendenorganisationen – und fügt hinzu: „Allein Burgtheater, Staatsoper und Volksoper verzeichneten im ersten Pandemiejahr einen Rückgang um mehr als 500.000 Besucher. Gemeinsam mit hunderten anderen Kulturinstitutionen des Landes kämpfen sie auch jetzt noch mit weggebrochenen Besucherzahlen und fehlenden Eintrittsgeldern.“
Insgesamt bewegt sich Österreichs Kultur damit im dritten Jahr der Pandemie noch weit entfernt vom Vorkrisenniveau, was Auslastung und Selbstfinanzierung betrifft. In Kombination mit der Teuerung, ist der Wunsch, neue Wege der privaten Kulturförderung zu erschließen, größer denn je.
Fachkundiger Fundraising unersetzbar
Besonders in den USA und in Großbritannien, aber auch in Deutschland, der Schweiz oder den Niederlanden ist privates Förder- und Mäzenatentum für Kunst und Kultur stark verbreitet. Im österreichischen Kultursektor sind private Mittel hingegen noch sehr überschaubar. Woran dies liegt, erklärt Günther Lutschinger primär mit einem veralteten Bild von Kulturfinanzierung hierzulande:
„In Österreich wurde die Finanzierung von Kulturprojekten viel zu lange ausschließlich als staatliche Angelegenheit gesehen – sowohl seitens der Kulturpolitik als auch der Kulturschaffenden. Hinzu kommen bürokratische Hürden bei der Spendenabsetzbarkeit, die für die Kultur einen klaren Nachteil gegenüber anderen gemeinnützigen Zwecken bedeuten.“
Während professionelles Fundraising in anderen NPO-Bereichen, wie Soziales, Tier- und Umweltschutz oder Entwicklungshilfe längst State of the Art sind, bilden solcherlei Maßnahmen in Kulturorganisationen die Ausnahme. Dabei sind das Potential und die Spendenbereitschaft innerhalb der Bevölkerung groß: Laut aktueller Spendenmarktbefragung sind 8% der Österreicher bereit, für Kunst und Kultur zu geben. „Das entspricht einem Potential von über 60 Mio. Euro jährlich an Spenden für die Finanzierung von Kulturprojekten. Um diese Ressourcen nutzbar machen zu können, muss die Kultur jedoch fachkundiges Fundraising am Beispiel anderer gemeinnütziger Bereiche stärker für sich entdecken, auf entsprechend ausgebildetes Personal setzen und vor allem innovativ sein – das Gebot der Stunde für den Fundraising-Erfolg!“, betont Lutschinger.
Fachtagung mit internationalen Erfolgsbeispielen
Um dem stark steigenden Interesse innerhalb der Kulturszene nachzukommen und erfolgreiche Methoden und Strategien für mehr private Mittel zu verbreiten, organisiert der Fundraising Verband Austria am 28. April die Fachtagung Kulturfundraising und -sponsoring in der Diplomatischen Akademie in Wien. Namhafte Experten und Kulturmanager aus dem In- und Ausland, wie der irische Fundraising-Profi Simon Scriver, Serge Honegger vom Bayrischen Staatsballett oder Ulrike Spann von den Vereinigten Bühnen Wien, sind dabei zum Austausch mit der heimischen Kulturszene geladen.
Erstmals Awards für herausragendes Kulturfundraising
Wenngleich professionelle Fundraising-Aktivitäten in Österreich noch keine Selbstverständlichkeit sind, so lassen sich dennoch bereits überaus kreative Wege der Mittelaufbringung zusätzlich zu öffentlichen Kulturförderungen antreffen. Um den außergewöhnlichsten und erfolgreichsten Spendeninitiativen mehr Sichtbarkeit zu schenken, vergibt der Fundraising Verband Austria in Kooperation mit dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport und mit Unterstützung der Österreichischen Lotterien 2022 zum ersten Mal Awards für die besten Kulturfundraising-Aktivitäten. Gleichzeitig soll der neu geschaffene Preis mehr öffentliche Aufmerksamkeit auf den von der Pandemie beeinträchtigten Kulturbereich insgesamt lenken. Die Awards in drei Kategorien werden im Rahmen einer abendlichen Gala im Anschluss an die Fachtagung am 28. April vergeben.
www.fundraising.at/kulturfundraising-awards
Rückfragehinweis:
Dr. Andreas Anker, Presse Fundraising Verband,
T: 0676/4214706, E: presse@fundraising.at