Sofern ein Verein weder glücklicher Liegenschaftseigentümer noch Nomade ist, ist er wahrscheinlich Mieter eines Vereinslokals. Eines Vereinslokals, das wahrscheinlich dem MRG (Mietrechtsgesetz) unterliegt. Und dessen § 12a Abs. 3 sieht vor, dass der Vermieter den Mietzins, ist dieser niedriger als der angemessene Hauptmietzins, anheben kann, wenn der Mieter einer Geschäftsräumlichkeit eine juristische Person ist und sich in dieser die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, wie etwa durch Veräußerung der Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft, entscheidend ändern – und zwar sogar dann, wenn die entscheidende Änderung nicht auf einmal geschieht. Ob was bedeutet das für einen Verein? Muss man von so einer Änderung schon sprechen, wenn Mitglieder aus- und eintreten? Wenn es einen neuen Vorstand gibt? Dazu gibt es Rechtsprechung des OGH, die wir uns an einem Beispiel anschauen.
Ein Verein war seit 1999 Mieter eines Schulgebäudes und betrieb darin eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht. Ordentliche Mitglieder des Vereins waren die Eltern der Schüler, und nur die ordentlichen Mitglieder hatten Stimmrecht in der Generalversammlung. Im Jahr 2008 kann der Liegenschaftseigentümer, inspiriert durch die zitierte Gesetzesbestimmung, auf die gute Idee, den Mietzins auf die angemessene Höhe anzuheben – bis dahin hatte der Verein weniger gezahlt, als nach den Bestimmungen des MRG zulässig gewesen wäre.
Kippen der Mehrheitsverhältnisse indiziert Machtwechsel
An einem Verein gibt es nun keine „Anteile“, sehr wohl aber hat ein Verein Mitglieder. Und tatsächlich hatten die Gerichte in der Vergangenheit manchmal judiziert, dass bei einem Wechsel der Mehrheit der Vereinsmitglieder ein derartiger „Machtwechsel“, wie ihn § 12a Abs. 3 meint, vorliege – mit der Rechtsfolge, dass der Vermieter den Mietzins anheben könne! Aber war es wirklich das, was der Gesetzgeber gemeint und gewollt hatte? Das würde ja für viele Vereine eine große Rechtsunsicherheit bedeuten., ist es doch bei Vereinen geradezu normal, dass sich im Lauf der Zeit der Bestand der Mitglieder ändert. Der OGH hat mittlerweile aber Klarheit geschaffen: Ein bloßes „Kippen der Mehrheitsverhältnisse indiziert zwar den Machtwechsel, die konkreten Auswirkungen sind aber jeweils im Einzelfall zu prüfen. Ergibt eine solche Prüfung, dass trotz Änderung der rechtlichen Verhältnisse keine wirtschaftliche Änderung eintritt, … ist keine Anhebung bewirkt.“ Worauf also kommt es an? Ausschließlich darauf, dass ein neuer Machtträger aufgrund der von ihm (eben durch den „Machtwechsel“) erworbenen Position konkret in die Lage versetzt wird, das Schicksal des Vereins tatsächlich zu bestimmen. Man muss sich also, so der OGH, jeden Einzelfall gesondert anschauen.
Der Gerichtshof im O-Ton: „Ergibt eine solche Prüfung, dass trotz Änderung der rechtlichen Verhältnisse keine wirtschaftliche Änderung eintritt, weil am Ende eines Vorgangs unveränderte Machtverhältnisse stehen, ist kein Anhebungsrecht bewirkt.“ Und in diesem Fall, so erkannte der OGH, wird auch bei einem Wechsel der Mehrzahl der Vereinsmitglieder niemand konkret in die Lage versetzt, aufgrund seiner mitgliedschaftlichen Rechte die Geschicke des Vereins so zu bestimmen, als hätte er das (Vereins-) Unternehmen selbst erworben. So kann etwa ein einzelnes Mitglied keine Änderung des Vorstands herbeiführen. In unserem Ausgangsfall verlor der Vermieter den Prozess (OGH 22. 10. 2015, 10 Ob 79/15p). An dem vom Verein zu zahlenden Hauptmietzins änderte sich nichts.
Kompletter Wechsel des Leitungsorgans kein Grund für eine Mietzinserhöhung
Diese Sichtweise ist natürlich richtig: Zwar waren im Jahr 2008 die Vereinsmitglieder mit jenen des Jahres 1999 wahrscheinlich überhaupt nicht mehr ident, nur: das sind ja lauter Individuen, die miteinander in keiner Weise verbunden sind, also auch keine gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen haben, die sie gemeinsam ausüben. Das ist etwas ganz anderes, als wenn jemand an einer Aktiengesellschaft ein großes Aktienpaket erwirbt, mit dem er plötzlich das Schicksal der AG bestimmen kann. Hat ein Verein nur ganz wenige Mitglieder, und diese wechseln alle, könnte die Sache anders aussehen. Und eines kommt noch hinzu: Es genügt nicht, dass es sich um eine Geschäftsraummiete handelt – Voraussetzung einer derartigen Anhebung ist außerdem, dass der Verein ein Unternehmen betreibt. Was er ja darf, auch als gemeinnütziger, sofern damit der Vereinszweck erfüllt wird.
Und wie sieht das bei einem kompletten Wechsel des Leitungsorgans (Vorstands) aus? Auch das ist kein Grund für eine Mietzinserhöhung.
Also Entwarnung für Vereine: Der Anwendungsbereich des § 12a Abs. 3 MRG beschränkt sich auf die in die Form eines Wechsels der Vereinsmitglieder gekleidete Unternehmensveräußerung. Was können wir uns darunter vorstellen? Wenn drei Personen ein Unternehmen in der Rechtsform eines Vereins betreiben (und damit sowohl die Mitgliederversammlung wie auch den Vorstand darstellen) und dieses Unternehmen „verkaufen“, indem sie sich etwas dafür zahlen lassen, dass drei andere Personen nun den Verein betreiben (was ohnedies in mehrfacher Hinsicht einen Rechtsmissbrauch darstellen würde), dann würde zweifellos diese Gesetzesbestimmung greifen.