Dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis zwingend zuerst einmal vor einer vereinsinternen Instanz abzuführen sind (ob die nun Schiedsgericht oder Schlichtungsstelle heißt, und ob sie schlichten oder entscheiden soll, ist Geschmacksfrage), hat sich ja schon herumgesprochen – auch wenn man im Ernstfall dann doch nicht dran denkt. Aber wer hat da eigentlich was wann zu tun?
Eine allgemeine Regel für den Ablauf des Schlichtungsverfahrens gibt es nicht – diese konkrete Regel sollen ja eben die Statuten vorgegeben. Da aber die meisten Statuten (gut abgeschrieben von den Musterstatuten des BMI) eine sehr ähnliche Regelung des Verfahrens aufweisen, sei hier der typische Verfahrensablauf skizziert. Ausgegangen wird von der Standardregelung (die aber nur üblich, keines-falls in dieser Form zwingend ist!), dass im Streitfall der eine Streitteil dem Vorstand ein Mitglied als Schiedsrichter namhaft zu machen hat, über Aufforderung durch den Vorstand der andere Streitteil ebenfalls ein Mitglied des Schiedsgerichts namhaft zu machen hat, und nach Verständigung durch den Vorstand die namhaft gemachten Schiedsrichter ein drittes ordentliches Mitglied zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts wählen. Zu unterscheiden sind zwei Grundsituationen: einmal ist der Verein selbst in den Streit verwickelt, das andere Mal streiten Mitglieder untereinander.
Der Verein ist Partei:
(Übrigens: auch wenn man eine Entscheidung z. B. des Vorstands bekämpft, ist nicht dieser der Gegner, er hat als Organ des Vereins gehandelt, und sein Handeln ist wie jedes Handeln eines Vereinsorgans dem Verein zuzurechnen.)
Mitglied: Schriftliche Mitteilung an den Verein zu Handen des Vorstands, ein Schiedsgericht zu beantragen, samt Erklärung des Falls und Beantragung einer bestimmten Entscheidung, gegebenenfalls Namhaftmachung von Zeugen, Beilage von Unterlagen bzw. Ankündigung deren Vorlage, Namhaftmachung eines Schiedsrichters (samt Kontaktdaten). Lehnt der Vorstand die Einleitung eines Schiedsverfahrens explizit ab, so ist für das Mitglied damit der Weg zu den ordentlichen Gerichten frei – der Verein kann ihm ja auf diese Weise nicht den Zugang zum Recht verweigern. Reagiert der Vorstand gar nicht, so kann es sinnvoll sein, die Aufforderung auf allen möglichen Wegen (Einschreibbrief, Fax, E-Mail) zu wiederholen, um gegebenenfalls vor Gericht nachweisen zu können, dass der Verein vergebens aufgefordert worden war, sich in ein Schiedsverfahren einzulassen.
Vorstand: Macht seinerseits einen Schiedsrichter namhaft, teilt dies einerseits dem streitlustigen Mitglied mit, andererseits dem Schiedsrichter des Mitglieds, und fordert beide Schiedsrichter auf, einen Vorsitzenden zu wählen.
Schiedsrichter: Die beiden Schiedsrichter kontaktieren einander und einigen sich auf einen Vorsitzenden. Schaffen Sie das nicht, so ist in den Statuten nach-zuschauen, was für solchen Fall vorgesehen ist. Soll das Los entscheiden, dann losen sie. „Sabotiert“ ein Schiedsrichter das Verfahren durch Untätigkeit, ständiges Verschieben von Terminen etc., so tut die andere Seite gut daran, die Beweise dafür entsprechend zu sichern. Es wird sinnvoll sein, die Partei, die diesen Schiedsrichter nominiert hat, aufzufordern, ihren Schiedsrichter zur Räson zu bringen oder einen anderen zu bestellen – allzu schnell sollte man nicht von einem Nicht-Zustandekommen des Schiedsgerichts ausgehen, um dann nicht zu riskieren, vom ordentlichen Gericht wieder nach Hause geschickt zu werden.
Schiedsgericht: Ist ein Vorsitzender gefunden, treten die Schiedsrichter zusammen und beratschlagen eine Vorgangsweise. Entweder regeln die Statuten, ob das Verfahren mündlich oder schriftlich abzulaufen hat, oder sie regeln dies nicht – dann ist es Sache der Schiedsrichter zu entscheiden, ob zur Klärung der Angelegenheit ein mündliches Verfahren erforderlich ist oder ob bloß beide Seiten aufgefordert werden, ihren Standpunkt schriftlich so zu erklären, dass er Grundlage einer Entscheidung sein kann.
Entscheidungsfindung: Über Verfahrensfragen entscheiden die Schiedsrichter grundsätzlich mehrheitlich. Sie informieren die Parteien von ihren Verfahrensentscheidungen (ob mündliches oder schriftliches Verfahren) und fordern die Parteien zu entsprechender Mitwirkung am Verfahren auf. Sinnvollerweise trachten die Schiedsrichter, ihre Entscheidung spätestens sechs Monate nach erster Anrufung des Schiedsgerichts zu fällen.
Entscheidung: Egal, ob sich das Gremium nun Schiedsgericht oder Schlichtungseinrichtung nennt – in jedem Fall ist es sinnvoll, auf eine Einigung der Streitteile hinzuwirken. Kommt eine solche zustande, so wird sie protokolliert, die Parteien erhalten je eine Kopie. Kommt keine zustande, so trifft das Schiedsgericht eine (gegebenenfalls mehrheitliche) Entscheidung, diese kann, hat eine Verhandlung stattgefunden, schon mündlich verkündet werden; in jedem Fall ist sie zwecks Nachvollziehbarkeit schriftlich auszufertigen und von den Schiedsrichtern zu unterschreiben, damit klar ist, wer daran beteiligt war. Jeder Streitteil erhält eine Kopie.
Mitglieder streiten untereinander:
Mitglied 1: Schriftliche Mitteilung an den Verein zu Handen des Vorstands, ein Schiedsgericht zu beantragen, samt Erklärung des Falls und Beantragung einer bestimmten Entscheidung, gegebenenfalls Namhaftmachung von Zeugen, Beilage von Unterlagen bzw. Ankündigung deren Vorlage, Namhaftmachung eines Schiedsrichters (samt Kontaktdaten).
Vorstand: Teilt dies dem anderen Mitglied mit und fordert dieses auf, seinerseits einen Schiedsrichter zu wählen und dem Vorstand bekanntzugeben. Da ein geordneter Ablauf des Verfahrens im Interesse des Vereins liegt, tut der Vorstand gut daran, hier eine koordinierende Funktion einzunehmen. Er wird sich also nicht nur informieren lassen, welche Schiedsrichter bestellt wurden, er wird diese auch auffordern, sich auf einen Vorsitzenden zu einigen, und wird auch darauf schauen, dass dies passiert.
Mitglied 2: Schriftliche Mitteilung des bestellten Schiedsrichters (samt Kontaktdaten) an den Vorstand. Ob das Mitglied schon jetzt seine Sicht des Falls, Zeugen und Unterlagen bekannt gibt und eine bestimmte Entscheidung beantragt, oder dies erst über Aufforderung des Schiedsgerichts tut, ist situativ zu entscheiden.
Schiedsrichter: Ab jetzt geht es weiter wie oben.
Wichtig: Bevor man die staatlichen Gerichte anruft, muss entweder das vereinsinterne Schiedsgericht entschieden haben (bzw. eine Einigung gescheitert sein) oder es müssen seit der statutenkonformen Anrufung des Schiedsgerichts zumindest 6 Monate vergangen sein. Ein Versuch, auf kurzem Weg zu Gericht zu gehen, wird scheitern – das Gericht wird die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückweisen.