Wien, 27.11.2024. Heute Vormittag präsentierte der Fundraising Verband Austria – Dachverband der Spendenorganisationen – den Spendenbericht 2024 mit einem Ergebnis, das die Erwartungen übertroffen hat: Trotz anhaltender Teuerung haben die Menschen im Vorjahr fast genau so viel für den guten Zweck gegeben wie im Rekordjahr 2022, das im Zeichen der Ukraine-Hilfe stand. 1,075 Mrd. Euro Spenden bedeuten nur einen geringen Rückgang und das zweithöchste jemals erzielte Aufkommen. Während die Unterstützung für die Opfer des Ukraine-Krieges nachgelassen hat, bildeten das Erdbeben in der Türkei und in Syrien sowie die Unwetterhilfe im Inland zentrale Spendenanlässe. Unter den systematischen Spendenzwecken konnten Umwelt- und Tierschutz deutlich zulegen. Laut erster Prognose für das laufende Jahr zeichnet sich 2024 ein weiterer Rückgang ab, der Organisationen bei gleichzeitig stark gestiegenen Kosten in Bedrängnis bringt. Das Spendenengagement in der Weihnachtszeit entscheidet mehr denn je über den Ausgang des Spendenjahres.
Nachdem die Welle der Großzügigkeit im Schatten des Ukraine-Krieges 2022 eine Steigerung des Spendenaufkommens von über 26% innerhalb nur eines Jahres brachte, fiel die Prognose des Fundraising Verband Austria im Vorjahr angesichts der weiter grassierenden Teuerung vorsichtig aus. Umso überraschender ist das Ergebnis nach Analyse der Spendendaten, gibt Ruth Williams, Geschäftsführerin Fundraising Verband Austria, Einblick: „1,075 Milliarden Euro an Spenden zur Finanzierung gemeinnütziger Leistungen für die Gesellschaft sind in Zeiten der höchsten Teuerung seit 50 Jahren ein extrem erfreuliches Ergebnis und ein starkes Zeichen für die tief in der Bevölkerung verankerte Kultur des Gebens in Österreich. Statt den befürchteten zehn Prozent ist die Großzügigkeit 2023 somit nur geringfügig um zwei Prozent zurückgegangen – das zweithöchste Aufkommen in der Geschichte unseres Landes!“
Dies sei laut Williams umso bemerkenswerter, da rund 80% aller Spenden in Österreich von Privatpersonen stammen: „Trotz wirtschaftlicher Einschränkungen hat die Bevölkerung damit einmal mehr gezeigt, wie hoch der Stellenwert gemeinnütziger Arbeit in Österreich ist“, so Williams, die gleichzeitig den Wermutstropfen der Analyse auf den Punkt bringt: „Obwohl nur minimal, ist die Tendenz beim Spenden allerdings erstmals negativ. Weniger Spenden bei gleichzeitig deutlich gestiegenen Kosten für die Organisationen bedeuten in der Praxis leider, dass weniger Geld für die gemeinnützigen Leistungen zur Verfügung steht.“
„Umverteilung“ unter Hilfsanliegen
In zahlreichen Ländern stellten sich im Vorjahr gravierende Rückgänge im Spendenaufkommen ein. Beispiele sind die Schweiz, Schweden oder Tschechien, wo sich jeweils ein Minus im zweistelligen Bereich zeigte. Auch der Rückgang in Österreich lässt sich zum Teil auf Ukraine-Spenden zurückführen: Während NACHBAR IN NOT 2022 noch die Rekordsumme von 52,5 Mio. Euro für die Ukraine-Hilfe sammeln konnte, lagen die entsprechenden Spenden 2023 nur mehr bei 5,6 Mio. Euro. Unter den akuten Spendenanlässen standen für Österreichs Spendende dagegen das verheerende Erdbeben in Syrien und der Türkei mit über 60.000 Toten und die Hilfe nach den Unwettern in Kärnten und der Steiermark im Mittelpunkt. Anlässlich letzteren Ereignisses wurde erstmals die neue Hilfsaktion ÖSTERREICH HILFT ÖSTERREICH mit 6,8 Mio. Euro Spendeneinnahmen hochgefahren.
Insgesamt konnten in der Verteilung des Jahresaufkommens nach Spendenzwecken einige Verschiebungen festgestellt werden: Der Sozial- und Gesundheitsbereich sowie die Internationale Hilfe büßten gegenüber dem vorangegangenen Jahr um 1% ein. Mit einem Anteil von 29% bzw. 25% entfallen aber weiterhin mit Abstand die meisten Spenden auf diese beiden Bereiche. 15% aller Spendengelder waren im Vorjahr Wissenschaft, Forschung und Universitäten gewidmet, 11% dem Umwelt- und Tierschutz, womit der Bereich um 3% wachsen konnte. „Die Spendenzahlen zeigen klar, dass der Schutz unseres Planeten als Spendenthema für die Menschen an Bedeutung gewinnt“, unterstreicht Ruth Williams.
Dass zwei Drittel aller Spenden auf die 50 größten Spendeneinrichtungen des Landes entfielen, verdeutlicht eine starke Konzentrierung der Spenden. 2023 sind die Einnahmen der größten Organisationen um rund 2% zurückgegangen, NPOs mittlerer Größe (Ränge 51-100) konnten demgegenüber aufholen und verzeichneten 2,3% Zuwachs. Um einen halben Prozentpunkt wuchsen auch Organisationen auf den Plätzen 101-150, während noch kleinere Vereine (151-300) ein recht deutliches Minus von durchschnittlich 15% verkraften mussten.
Umfragestudie: Spendenbeteiligung bleibt überdurchschnittlich hoch
„Österreichweit beteiligen sich nach eigenen Angaben 72 Prozent der Bevölkerung am Spenden – ein im internationalen Vergleich sehr hoher Wert, der auch deshalb hervorsticht, weil die Beteiligungsquote in vielen anderen Ländern rückläufig ist, während sie hierzulande sogar zugenommen hat“, betont Williams. Im Schnitt geben Spendende in Österreich laut aktueller Spendenmarktbefragung 138 Euro pro Jahr. Deutlich über dem Bundesschnitt liegen die westlichen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg mit 169 Euro, Niederösterreich und Burgenland rangieren mit 113 Euro am unteren Ende des Spektrums. Dafür stechen die östlichen Bundesländer bei der Beteiligung positiv hervor: 80% der Menschen in Niederösterreich und im Burgenland spenden.
Unter den Motiven für eine Spende dominieren u.a. das Wissen, wofür eine Organisation steht, bewegende Einzelschicksale und die Sicherheit, dass Spenden zielgerichtet ankommen. Dazu Ruth Williams: „In puncto Spendensicherheit zählt Österreich zu den führenden Spendennationen der Welt – zusätzlich zu den staatlichen Kontrollinstanzen werden zwei Drittel aller Spenden durch das Österreichische Spendengütesiegel auf den zweckbestimmten, wirtschaftlichen und transparenten Einsatz von Spenden geprüft!“
Prognose: Abwärtstrend geht weiter
2024 wird zwar die Hochwasserkatastrophe im Osten des Landes einen deutlichen Fußabdruck in der Spendenkurve hinterlassen – für die entsprechende Nothilfe haben die Menschen innerhalb weniger Wochen über 25 Mio. Euro gegeben – insgesamt weisen die bisherigen Daten aus dem laufenden Jahr jedoch darauf hin, dass sich der Spendenrückgang 2024 fortsetzen und verschärfen wird. Gründe sind die erst sukzessive in den Privathaushalten angekommene Teuerung, eine gewisse Abstumpfung gegenüber den mittlerweile mehrjährigen Kriegsschauplätzen und die Schwierigkeit für NPOs, neue und vor allem jüngere Spendende zu erreichen. Deshalb geht der Fundraising Verband Austria in seiner Prognose von 4% Rückgang und einem Aufkommen von rund 1,03 Mrd. Euro 2024 aus. „Nachdem die gemeinnützigen Organisationen bei sinkenden Einnahmen und weiter steigenden Kosten gleichzeitig eine wachsende Nachfrage nach ihren Hilfsangeboten registrieren, stellt sich für viele unweigerlich die Frage, wie die Finanzierung weiter bewerkstelligt werden soll“, weist Ruth Williams auf die herausfordernde Situation hin.
Für die nötige Trendwende ist laut Fundraising Verband daher heuer mehr denn je die Großzügigkeit in der Vorweihnachtszeit entscheidend. 25 bis 30% des jährlichen Aufkommens werden in dieser Zeit gespendet. Der internationale Tag des Gebens #GivingTuesday am 3. Dezember läutet die vorweihnachtliche Zeit des Gebens ein: „Lassen Sie Ihr Herz sprechen und unterstützen Sie die unverzichtbaren gemeinnützigen Organisationen des Landes am #GivingTuesday oder an jedem anderen Tag mit Ihrer Spende“, so Ruth Williams.
Spendenabsetzbarkeit – Reform wirkt!
Eine nachhaltig beflügelnde Wirkung für das Spenden erwartet sich der Verband durch die 2024 in Kraft getretene Gemeinnützigkeitsreform. Diese hat als Herzstück die Spendenabsetzbarkeit für alle gemeinnützigen Vereine und ihre Spendenden gebracht – ein wesentlicher, zusätzlicher Anreiz insbesondere für die erstmals spendenbegünstigten Zwecke Bildung und Tierschutz sowie den bisher eingeschränkten Kulturbereich. Insgesamt machen mittlerweile 1,44 Mio. Menschen in Österreich Spenden im Ausmaß von 407 Mio. Euro als Sonderausgaben steuerlich geltend – damit werden zwei von fünf Spendeneuro abgesetzt.
Laden Sie hier den Spendenbericht 2024 herunter:
Rückfragehinweis:
Dr. Andreas Anker, Presse Fundraising Verband Austria
M: 0676 421 47 06, E: presse@fundraising.at