Wien, 27.4.2023. Pandemie, Krieg und Teuerung haben auch in der österreichischen Kultur Spuren hinterlassen. Umso größer ist der Bedarf an privater Kulturförderung, ergänzend zu staatlichen Subventionen. In über acht von zehn Kultureinrichtungen spielen Drittmittel für die Finanzierung mittlerweile eine wichtige Rolle. Um die innovativsten und erfolgreichsten Fundraising- und Sponsoring-Aktivitäten des österreichischen Kultursektors vor den Vorhang zu holen, vergab der Fundraising Verband Austria in Kooperation mit dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport und mit Unterstützung der Österreichischen Lotterien heute zum zweiten Mal die Kulturfundraising-Awards in der Diplomatischen Akademie Wien.
Die Bereitschaft in der Bevölkerung, für Kunst- und Kulturprojekte zu spenden, ist laut den jährlichen Spendenmarktstudien im Auftrag des Fundraising Verband Austria groß. Mit 60-80 Mio. € jährlich beziffert Geschäftsführer Günther Lutschinger das Potential für diesen Spendenbereich. „Im Vergleich zu anderen gemeinnützigen Themen, sind maßgeschneiderte Spenden-Kampagnen im Kultursektor jedoch noch keine Selbstverständlichkeit“, betont Lutschinger. „In Hilfsbereichen, wie Soziales, Tier- und Umweltschutz oder Entwicklungshilfe, werden Fundraising und Sponsoring heutzutage methodisch vielfältig, zielgruppenspezifisch und mit stetem Blick auf die Wirksamkeit der Zuwendung betrieben. Im Kulturbereich bilden solcherlei Maßnahmen hingegen noch die Ausnahme.“
Entsprechende Zuwächse bei der privaten Kulturförderung erwartet sich der Dachverband der österreichischen Spendenorganisationen langfristig durch den Ende 2022 publizierten Leitfaden für den Umgang mit privaten Mitteln, an dessen Entstehungsprozess der Verband wesentlich mitgewirkt hat. Der vor Jahren entwickelte Code of Conduct für Spenden zugunsten Wissenschaft und Forschung habe essentielle Entwicklungsschritte im Wissenschaftsfundraising mit sich gebracht. „Heimischen Kultureinrichtungen gibt das hilfreiche, neue Instrument erstmals einheitliche Prüf- und Ausschlusskriterien in Bezug auf private Fördermittel und ermöglicht es ihnen so, sich ganz den kreativen Inhalten ihrer Spendenkampagnen zu widmen“, so Günther Lutschinger über den Leitfaden für Kulturfundraising und -sponsoring.
Zugang zu Drittmitteln immer gefragter
Dass Privatspenden für Kulturinitiativen im Vergleich zu den USA, Großbritannien, die Niederlande oder auch Deutschland noch verhältnismäßig wenig etabliert sind, liegt zum Teil daran, dass die Gesetzgebung nach wie vor massive bürokratische Hürden beim Zugang zur Spendenabsetzbarkeit enthält. Mit ein Grund ist es aber auch, dass Kunst- und Kulturförderung in Österreich viel zu lange als rein staatliche Angelegenheit gesehen wurde. Eine aktuelle Befragung unter 76 Kultureinrichtungen deutet jedoch auf eine Trendwende hin, wie Claudia Ströbitzer, Leiterin des FVA-Kulturfundraising-Programms, betont: „Über 80 Prozent der heimischen Kulturbetriebe sehen aktuell eine steigende Bedeutung privater Mittel für ihre Finanzierung. Für sie könnten die heute mit den Kulturfundraising-Awards prämierten Spendenprojekte beispielgebende Wirkung entfalten.“
Wiener Konzerthaus, Kunsthaus Graz und Kulturwerkstatt Kammgarn ausgezeichnet
Nach der Premiere im Vorjahr vergab der Fundraising Verband Austria heuer zum zweiten Mal die Österreichischen Kulturfundraising-Awards in drei Kategorien, um das kreative Potential vorbildhafter Spendenkampagnen aus der Kultur aufzuzeigen. In der Award-Kategorie „Beste Kulturfundraising Aktion“ wurde die erfolgreichste Einzelaktion gesucht und im Wiener Konzerthaus gefunden. Im Rahmen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion gelang es der Konzerthausgesellschaft Besucher sowie Sponsoren für die Bedeutung privaten Engagements für Kunst und Kultur zu sensibilisieren. Gefolgt von einem persönlichen Spendenaufruf des Intendanten unter dem Motto „Sie können mehr bewirken, als Sie denken!“, resultierten 160.000 € an Spenden aus der Aktion.
„Es war unsere Motivation, das Bewusstsein zu stärken, dass gerade in bewegten Zeiten Kunst & Kultur für viele Menschen ein Anker sind und die damit verbundenen Werte das gesellschaftliche Miteinander stärken. Wir freuen uns sehr, dass wir mit dieser Kampagne auf die Dringlichkeit von zivilgesellschaftlichem Engagement sowie auf die Bedeutung des Wiener Konzerthauses für die Menschen in dieser Stadt hinweisen konnten. Darüber hinaus konnten zahlreiche neue Unterstützer*innen für den Verein Wiener Konzerthausgesellschaft gewonnen werden“, gibt Matthias Naske, Intendant der Wiener Konzerthausgesellschaft, Einblick in die Hintergründe.
Der „Österreichische Lotterien Award: Bestes Sponsoring bzw. Beste Partnerschaft“ für besonders gelungene Kooperationen von Kultureinrichtungen mit Unternehmen ging an das Kunsthaus Graz mit seinem langjährigen Partner Energie Graz in Kooperation mit der Ortweinschule. Ihre interaktiv und nachhaltig ausgerichtete Instagram-Kampagne #PICTREES lud dazu ein, die Natur in Graz einzufangen und diese Bilder mit der Bevölkerung über die BIX-Medienfassade am Kunsthaus Graz zu teilen. Als Motivation zur Beteiligung sollte für jedes 50. Projekt ein Baum in der Stadt gepflanzt werden. In einem Zeitraum von vier Wochen wurden letztlich über 300 Beiträge eingereicht, womit sechs Bäume gepflanzt werden konnten.
„Langfristige Partnerschaften zahlen sich aus! Schon seit vielen Jahren entwickelt das Kunsthaus Graz gemeinsam mit der Energie Graz Projekte, die zum Reflektieren aktueller, gesellschaftlich relevanter Themen anregen. Dieser Preis ist eine tolle Bestätigung des gemeinsamen Wegs“, zeigt sich Dr. Andreas Schnitzler, Leiter Abteilung Außenbeziehungen Kunsthaus Graz, stolz über den Award.
Den Award „Small but smART“ für die beste Fundraising-Aktion einer kleinen Kulturinitiative erhielt die Vorarlberger Kulturwerkstatt Kammgarn für das Projekt „100 Teile Kultur“. 100 Teile eines Kunstwerks, das in Kooperation mit der Berufsvereinigung Bildender Künstler*innen entstand, wurden verkauft und damit nicht nur das kostenfrei zugängliche Kleinkunstfestival „FOEN-X-Festival“ finanziert, sondern über die außergewöhnliche Aktion auch eine höchst werbewirksame Öffentlichkeitsarbeit für das Festival erzielt. Den ideellen Wert der Aktion hebt auch Lisa Weiß, Geschäftsführung Kulturwerkstatt Kammgarn, hervor: „‘100 Teile Kultur‘ ist eine Kampagne, die nicht nur finanzielle Unterstützung bot, sondern auch die Sichtbarkeit unseres Kulturvereins wesentlich erhöht und die Gemeinschaft gestärkt hat. Danke für den Award und die damit verbundene Wertschätzung.“
Pressefotos (© Ludwig Schedl; honorarfrei) ab ca. 20 Uhr zum Download
Rückfragehinweis:
Dr. Andreas Anker, Presse Fundraising Verband Austria,
M: 0676/4214706, E: presse@fundraising.at