Wien, 12. Oktober 2023. Als Höhepunkt eines intensiven Beteiligungsprozesses zwischen Politik, gemeinnützigem Sektor und Wissenschaft, setzt die Regierung ihr Versprechen aus dem Regierungsprogramm nun in die Tat um und schickt das umfassendste Gemeinnützigkeitspaket der österreichischen Geschichte in Begutachtung: Das bringt ab 2024 die Spendenabsetzbarkeit für alle gemeinnützigen Zwecke, weniger Bürokratie für NPOs, Top-Bedingungen für gemeinnützige Stiftungen und deutliche Verbesserungen für das Ehrenamt. Für Österreichs Spendende wird damit auch die Unterstützung von Bildung oder Sport erstmals steuerlich anerkannt.
„Nach fast zwei Jahren an Austausch- und Beratungsrunden mit der Politik und Verwaltung ist die Freude über ein Maßnahmenpaket, das vom Ehrenamt über die Spendenabsetzbarkeit bis zum Stiftungswesen wirklich erstklassige Bedingungen für eine starke Kultur des Gebens schafft, groß – ein Meilenstein für den Dritten Sektor Österreichs!“, bringt Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria, die Bedeutung des heute in die Gesetzesbegutachtung geschickten Gemeinnützigkeitspakets der Bundesregierung auf den Punkt.
„Das ist das größte Reformpaket für den gemeinnützigen Sektor und die Freiwilligenorganisationen in den letzten 30 Jahren. Die Hilfsorganisationen und Vereine haben zuletzt in einer krisengeprägten Zeit unter schwierigsten Bedingungen bewiesen, dass man in allen Bereichen der Gesellschaft auf sie bauen kann. Durch die verbesserten Rahmenbedingungen können sie auch in Zukunft dieser starke Rückhalt für uns alle in Österreich sein“, freut sich Stefan Wallner, Geschäftsführer des Bündnis für Gemeinnützigkeit über das historische Reformpaket. „Die über Jahrzehnte geforderte Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf alle gemeinnützigen Zwecke ermöglicht jetzt etwa auch Spendenden für Bildung, Kultur, Sport, Tierschutz, Demokratie und Menschenrechte gleichwertige Steuervorteile für ihren Beitrag zu unserem Gemeinwohl.“
Jede Spende gleich viel wert!
Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden wurde in Österreich 1994 erstmals für einzelne Zwecke, wie wissenschaftliche Vereine und Universitäten ermöglicht. Die Einführung auf breiter Ebene für den Großteil der Wirkungsbereiche gemeinnütziger Vereine erfolgte 2009, ein Schritt der das Spendenaufkommen für jene begünstigten Zwecke deutlich wachsen ließ. Seit 2009 haben sich die Spenden fast verdreifacht (2022: 900 Mio. Euro). Wichtige Hilfsbereiche, wie Bildung, Sport, Tierschutz und Menschenrechte waren von diesem Vorteil allerdings bislang nicht umfasst. Für Kulturvereine war die Spendenabsetzbarkeit wiederum nur unter der Auflage möglich, dass der Verein zugleich eine Bundes- oder Landesförderung bezieht. „Per 1.1.2024 stellt der Gesetzgeber nun einheitliche und faire Rahmenbedingungen für alle gemeinnützigen Zwecke her. Damit ist vor dem Gesetz jede Spende gleich viel wert“, betont Günther Lutschinger und fügt hinzu: „Rund eine Million Spenderinnen und Spender werden davon profitieren.“ Der Fundraising Verband Austria rechnet damit, dass in den nächsten Jahren deutlich mehr als 10.000 Einrichtungen die Spendenbegünstigung erhalten könnten. Das Spendenaufkommen wird sich, nach einer Schätzung des Finanzministeriums, fast verdoppeln.
Freiwilligenpauschale: Mehr Wertschätzung für Ehrenamt
Neben Geld- und Sachspenden, bildet das freiwillige Engagement die dritte große Säule der Gemeinnützigkeit und das Rückgrat der Gesellschaft. In den vergangenen Jahren mussten Freiwilligenorganisationen jedoch mitunter große Rückgänge ihrer Helferinnen und Helfer verkraften. Die umfassende Novellierung des Freiwilligengesetzes soll ehrenamtliche Arbeit durch ein Spektrum an wichtigen Maßnahmen für die Zukunft absichern. Eckpunkte sind der Ausbau von Freiwilligenzentren in jedem Bundesland, die Einführung des Staatspreises für freiwilliges Engagement sowie die gesetzliche Absicherung von Sozial-, Umwelt-, Friedens- und Gedenkdiensten im Ausland.
Davon profitieren Freiwilligenorganisationen und ihre 2,3 Millionen Ehrenamtlichen unmittelbar.
Über mehr Wertschätzung freuen sich Freiwillige auch in Form der auf 1.000 Euro jährlich erhöhten Freiwilligenpauschale, mit der ihr Engagement und Aufwand steuerfrei und unbürokratisch abgegolten werden kann. Freiwilligen in der Katastrophenhilfe, im Rettungswesen oder im Sozialbereich werden künftig sogar bis zu 3.000 Euro zugesprochen. „Die Freiwilligen haben in den vergangenen Jahren in allen Bereichen der Gesellschaft Unglaubliches geleistet. Die rechtliche Absicherung und Erhöhung der Freiwilligenpauschale ist ein Ausdruck der Wertschätzung für die geleistete Arbeit und eine gute Grundlage für kommende Herausforderungen“, betont Stefan Wallner.
Stiftungslandschaft Österreich: Top-Bedingungen für gemeinnütziges Stiften
Gemeinnützige Stiftungen haben das Gemeinwohl in Österreich zuletzt mit rund 90 Mio. Euro jährlich unterstützt, könnten aber im internationalen Vergleich noch wesentlich mehr leisten. Aus dem Global Philanthropy Environment Index (2022) der Indiana University, USA, ging Liechtenstein als Spitzenreiter in puncto Rahmenbedingungen für wohltätiges Engagement hervor. Auch Deutschland und die Schweiz kamen unter die Top-5. Österreich hingegen lag im internationalen Ranking deutlich hinter dem westeuropäischen Schnitt. Grund dafür sind bislang ausgebliebene steuerliche und rechtliche Verbesserungen. Die Gemeinnützigkeitsreform bringt nun endlich ein dauerhaftes Recht auf Spendenbegünstigung, eine Aufhebung der Deckelung steuerwirksamer Zuwendungen, die Vortragsfähigkeit der Begünstigung und Flexibilität bei der Mittelverwendung je nach Hilfsbedarf. „Alles in allem höchst attraktive Bedingungen für die österreichische Stiftungslandschaft. Diese werden in Zukunft wesentlich mehr engagierte Persönlichkeiten und Unternehmen dazu bewegen, sich über Stiftungen im Inland für gemeinnützige Anliegen einzusetzen“, ist Günther Lutschinger überzeugt.
Vereinfachungen für kleinere Vereine
Die Reform sieht auch einige Verbesserungen speziell für kleinere Vereine vor. Für die Beantragung der Spendenabsetzbarkeit werden sie in Zukunft keine umfassende Wirtschaftsprüfung mehr benötigen. Stattdessen wird ein Antrag durch ihre Steuerberatung ausreichen und damit wertvolle Ressourcen sparen, die den Hilfsprojekten unmittelbar zugutekommen können. Zudem wird die Wartezeit für neu gegründete Vereine von drei Jahren auf ein Jahr verkürzt.
Unmittelbare positive Effekte für Bildungssystem
Durch den bevorstehenden Zugang zur Spendenbegünstigung für alle gemeinnützigen Zwecke erwartet sich der Fundraising Verband Austria einen spürbaren Spendenzuwachs in den bisher ausgeschlossenen Bereichen. Dazu zählt auch das essentielle Zukunftsthema Bildung, und damit die vielfältigen Förderprojekte in der Elementarpädagogik, der schulischen und außerschulischen Erziehung, der Aus- und Weiterbildung sowie der Erwachsenenbildung. Eine ECOAustria-Studie ergab, dass allein beim Thema Bildung durch die Spendenabsetzbarkeit zusätzlich mindestens 30-40 Mio. Euro pro Jahr an Zuwendungen kurzfristig zu erwarten sind. 5.000 bis 8.000 Schülerinnen und Schüler mit Lernrückstand könnten damit in Österreichs engagierten Bildungsinitiativen zusätzlich betreut werden. In diesem Sinne ist auch bei der Sportförderung, die per 2024 erstmals absetzbar wird, noch mehr Wohltätigkeit der Bevölkerung zu erwarten – die positiven Effekte für die körperliche Gesundheit liegen auf der Hand.
Richtiges Signal für Spendenorganisationen in Zeiten der Rekordteuerung
Die im Frühling des Vorjahres eingesetzte Rekordteuerung belastet viele Menschen im Land massiv. Das wirkt sich auch auf die Spendeneinnahmen der gemeinnützigen Organisationen aus. „Immer mehr heimische Vereine klagen über deutliche Spendenrückgänge, während gleichzeitig die laufenden Kosten für ihre Hilfsangebote massiv gestiegen sind. Wichtige Projekte, von der Kinderhilfe bis hin zum Umweltschutz, sind dadurch gefährdet“, weiß Günther Lutschinger. Das umfassende Bündel der Bundesregierung an förderlichen Maßnahmen für mehr Gemeinnützigkeit kommt somit gerade noch rechtzeitig. Gemeinnützige Organisationen profitieren durch Entlastungsmaßnahmen, wie Digitalisierung und Entbürokratisierung, in zweistelliger Millionenhöhe. Vor allem bringt das Paket erstmals allen Spendenden denselben Steuervorteil, egal für welche Anliegen sie geben.
Zahlen und Fakten – die Spendenabsetzbarkeit wirkt!
– Seit Einführung der Spendenbegünstigung 2009 haben sich die Spenden in Österreich fast verdreifacht
– 900 Mio. Euro wurden in Österreich 2022 gespendet
– Rund 6.000 Einrichtungen sind derzeit begünstigt, davon rund 4.500 Freiwillige Feuerwehren
– 2021 haben mehr als 1,3 Mio. Menschen Spenden steuerlich geltend gemacht
Das Bündnis für Gemeinnützigkeit und der Fundraising Verband Austria haben im Rahmen des gesetzlich eingerichteten Spendenbeirats im BMF intensiv an der Erarbeitung und an den Verhandlungen dieser umfassenden Reform mitgewirkt.
Rückfragehinweis:
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Bündnis für Gemeinnützigkeit, Kommunikation: Judith Mehofer MA, M: 067764784787, E: judith.mehofer@gemeinnuetzig.at
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