Wien, 23.9.2021. Privates Förder- und Mäzenatentum für Kultur hat besonders in den USA und in Großbritannien eine lange Tradition. Aber auch in Deutschland, der Schweiz oder den Niederlanden ist das Spenden für Kunst und Kultur stark verbreitet. Im österreichischen Kultursektor sind private Mittel noch überschaubar, und das obwohl die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung größer denn je ist. 8% der Österreicher sind laut Public Opinion-Studie bereit, für Kunst und Kultur zu geben. Das entspricht einem Potential von über 60 Mio. Euro jährlich an Spenden, die durch gezielte Fundraising-Maßnahmen nutzbar gemacht werden könnten.
„Großspenderinnen und -spender sind in Österreich eine Rarität.“, bringt Geschäftsführer Günther Lutschinger die Berechnungen des Fundraising Verband Austria – Dachverband der Spendenorganisationen – auf den Punkt. Diese zeigen, dass nur 2% aller Spenden hierzulande über 1.000 Euro liegen. In Deutschland nehmen Mäzene einen wesentlich größeren Anteil am gesamten Spendenaufkommen ein. Großspenden für Kunst- und Kulturinitiativen in Österreich lassen sich auf einige wenige bekannte Namen, wie Peter Pühringer oder Hans Peter Haselsteiner, zurückführen.
Die Gründe dafür verortet der Fundraising Verband in einem fehlenden Bewusstsein für privates Engagement in der Kulturförderung. „In Österreich wird die Finanzierung von Kulturprojekten fast ausschließlich als staatliche Angelegenheit gesehen. Ergänzend dazu, läge großes Potential in der Spendenbereitschaft der Privatspenderinnen und -spender, das jedoch derzeit nicht genutzt wird.“, betont Lutschinger, und beziffert das Potential laut Studien auf über 60 Mio. Euro jährlich – ca. ein Siebentel des gesamten Kulturförderbudgets des Bundes (rund 450 Mio. Euro).
Derzeitige Gesetzesregelung hemmt Privatengagement
Gleichzeitig verweist Lutschinger auf die mangelhaften rechtlichen Rahmenbedingungen: „Die Einführung der Spendenabsetzbarkeit 2009 hat das Spendenaufkommen in Österreich ungemein beflügelt. NPOs im Kultursektor dürfen diesen Vorteil erst seit 2016 nutzen, und das auch nur sehr eingeschränkt. Bis heute ist die steuerliche Absetzbarkeit an eine bestehende Bundes- oder Landesförderung gebunden – eine ungerechtfertigte Einschränkung, die privates Engagement offensichtlich hemmt!“ Eine Anpassung der ordnungs- und steuerpolitischen Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung wäre dringend notwendig. Zum Vergleich: In den Niederlanden, wo der Anreiz der steuerlichen Absetzbarkeit schon lange besteht, entfallen jährlich ca. 8% aller Spenden oder umgerechnet rund 250 Mio. Euro jährlich auf Kunst und Kultur.
Kärntner Kulturstiftung als Wegbereiter
„Ein Leuchtturmprojekt für die private Kulturförderung in Österreich ist die erst im Vorjahr gegründete Kärntner Kulturstiftung, die erfolgreich Mittel von Zustiftern, Sponsoren und Förderern einwirbt und in einem ersten Call bereits 200.000 Euro für Kulturprojekte ausgeschüttet hat.“, so Lutschinger, der die Stiftung auch als ein zukunftsträchtiges Beispiel für eine Public Private Partnership beschreibt. Denn auch das Land Kärnten hat sich mit 50.000 Euro am Stiftungsvermögen beteiligt, was Kofinanzierungen für Kulturprojekte möglich macht.
Kulturfachtagung in Wien – Perspektiven für private Kulturförderung
Um dem Kulturland Österreich neue Impulse im Bereich der privaten Kulturfinanzierung zu geben, begrüßt der Fundraising Verband am 5. Oktober zahlreiche Expertinnen und Experten aus dem Kulturmanagement und Fundraising im Rahmen der Fachtagung Kulturfundraising & Sponsoring in Wien – darunter Wilhelm von Boddien (Humboldt Forum / Förderverein Berliner Schloss), der über seinen Förderverein über 110 Mio. Euro an Spenden für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses gesammelt hat.
Zahlreiche weitere Persönlichkeiten, wie Matthias Naske (Wiener Konzerthaus), Norman Shetler (Gartenbaukino), Nathalie Fontana (Expertin für Hochschul- und Kulturfundraising) oder Lisa Ringhofer vom Beraterinnennetzwerk TripleMinds sprechen über Strategien, Methoden und Modelle für erfolgreiches Kulturfundraising. Weitere Informationen unter fundraising.at.
Rückfragehinweis:
Dr. Andreas Anker, Presse Fundraising Verband, T: 0676/4214706, E: presse@fundraising.at