In der Mehrzahl der Vereine sitzen im jeweiligen Leitungsorgan Personen, die dort ihren Job ehrenamtlich machen, also nicht hauptamtlich, weil sie in erster Linie einen anderen Beruf haben. Allerdings kann das, was sie in diesen Beruf machen, für den Verein ja auch einmal interessant sein – ob es nun um die Miete eines Vereinslokals in einem Haus geht, das einem Vorstandsmitglied gehört, oder die Einrichtung einer neuen Website durch die Agentur eines Vorstandsmitglieds. Prinzipiell ist gegen eine solche Verquickung von Funktionärstätigkeit einerseits und persönlichen wirtschaftlichen Interessen andererseits nichts einzuwenden, aber heikel ist es alle Mal. Da ist an die interne Hygiene ein besonders strenger Maßstab anzulegen, zumal wenn es sich um einen Verein handelt, der von Spenden lebt, die steuerlichen Privilegien der Gemeinnützigkeit genießt oder überhaupt im Licht der Öffentlichkeit steht.
Im Recht der Kapitalgesellschaften gibt es Sonderregeln für jene Fälle, in denen jemand durch eine Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit oder dieser Person ein Vorteil zugewendet werden soll. Befindet sich eine Person in einer solchen Situation, dann gilt für sie ein Stimmrechtsausschluss. D.h., diese Stimme wird dann einfach nicht gezählt. Es gilt der Grundsatz „Niemand kann Richter in eigener Sache sein“. Dieser Grundsatz gilt nicht nur im Recht der Kapitalgesellschaften, sondern auch im Vereinsrecht, auch wenn es hier dafür keine Sondervorschrift gibt. „In eigener Sache“ ist entsprechend weit zu verstehen, und betrifft auch Konstellationen, in denen das Vorstandsmitglied Geschäftsführer oder (wenn auch nicht einziger) Gesellschafter einer Gesellschaft ist, die mit dem Verein Geschäfte machen will.
Was am saubersten ist
Was heißt das nun für die Praxis? Wird im Vorstand darüber abgestimmt, ob einem Vorstandsmitglied Geld für eine bestimmte Leistung bezahlt werden soll, dann gilt für dieses Mitglied ein Stimmverbot, es darf nicht mitstimmen. Stimmt es trotzdem mit und wird diese Stimme gezählt, macht das diesen Beschluss zwar nicht nichtig, aber anfechtbar. Dasselbe gilt beispielsweise für den Beschluss der Mitgliederversammlung, mit dem die Vorstandsmitglieder entlastet werden sollen. Natürlich sind die Vorstandsmitglieder in aller Regel auch Vereinsmitglieder (und daher grundsätzlich auch stimmberechtigt), aber wenn es um die eigene Entlastung geht, dürfen sie nicht mitstimmen. Wird hinsichtlich jedes einzelnen Vorstandsmitglieds abgestimmt, so darf ein Vorstandsmitglied, wenn es um die anderen geht, theoretisch schon mitstimmen. In aller Regel werden aber die Handlungen und Geschäfte, um die es geht, so miteinander verzahnt sein, dass man die Verantwortungen nicht ganz leicht auseinanderdividieren kann, sodass bei der Entlastung einer Person möglicherweise auch eine Verantwortung einer anderen Person mitschwingt. Am saubersten wird es daher sein, wenn bei der Entlastung des Vorstands der gesamte Vorstand nicht mitstimmt.
Nun gibt es aber auch Vereine, die ausschließlich aus den Vorstandsmitgliedern bestehen (sogenannte Vorstandsvereine), Mitgliederversammlung und Vorstand sind also ident. Da würde die Entlastung zu einem hohlen Ritual und kann eigentlich überhaupt entfallen. Eine Ausnahme wird es sein, wenn es um ein bestimmtes Projekt geht, bei dem ein Vorstandsmitglied federführend war und mit dem die anderen nichts zu tun hatten. Da kann es sehr wohl sinnvoll sein, wenn die anderen dieses eine Vorstandsmitglied hinsichtlich dieses Projekts entlasten.
Alternativangebote einholen!
Aber zurück zum Vorstandsmitglied als Geschäftspartner des Vereins: Die Gemeinnützigkeit ist dann gefährdet, wenn das Vermögen des Vereins nicht ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet wird. Würde ein Vorstandsmitglied durch – im Vergleich mit anderen Anbietern – überhöhte Entgelte für an den Verein erbrachte Leistungen bevorzugt, so hieße das, dass Vereinsvermögen jedenfalls zum Teil nicht für den geförderten Vereinszwecks eingesetzt wird. Fällt das bei einer Steuerprüfung auf, so kann das erhebliche Probleme für die Gemeinnützigkeit bedeuten. Und vorher weiß man, dass hier kein fremdübliches, sondern überhöhtes Entgelt bezahlt wurde? Im Nachhinein kann das ein Steuerprüfer herausfinden – im Vorhinein sollte sich der Verein aber dagegen absichern, indem er Alternativangebote einholt. In ähnlichen Fällen hat es für scharfe Kritik einer Förderstelle (die bis zur Infragestellung der Förderung ging) gesorgt, wenn keine Alternativangebote eingeholt wurden.